Nur kurz notiert, weil ich es so großartig finde:
Sibylle Berg zum Thema Liebe.
Wenn man nicht zu sehr mit Kitsch abgefüllt ist, erkennt man den richtigen Menschen daran, dass man sich nicht verstellen muss, sich nicht beim Reden hört, beim künstlichen Lachen. Dass man keine Angst hat, als Rohmaterial nicht zu genügen. Und: Dass man selber für den anderen fühlt. Mit großer Zärtlichkeit.
Dazu kann ich nur sagen: Ja.
smiri - 27. Okt, 15:52
Schon wieder ein Monat ohne bloggen - wo geht das ganze Gefühl bloß hin?
Ich bin hier und auch nicht und mit manchem fertig und manchmal einfach nur fertig.
Ich muß was ändern, die Uhr tickt und ich fühle mich eingesperrt im Alltag und wirklich frei nur mit dem Rucksack auf dem Rücken, im Stuttgarter Schloßgarten, auf Demos, in Zelten, auf der Straße, im Freien.
In der
Occupy-Bewegung, bei den Menschen, die was verändern wollen, bei den 99% - auf den Straßen, in Stadtparks, mit Schildern und V-Masken.
Mehr weiß ich grad nicht.
Außer vielleicht noch: Echo und ich, wir haben uns wiedergesehen. Und gehören auf eine Weise zusammen, die sich außerhalb von Schubladen abspielt: Auf der Straße, im Freien, im Schloßgarten. Ich merke, ich möchte ihn in meinem Leben haben - ich brauche ihn in meinem Leben.
Und Veränderung.
Und Reisen.
Und ein anderes Leben.
Eines, in dem Echo und ich uns nicht gegenseitig ausschließen.
Wir werden sehen.
smiri - 27. Okt, 12:44
[Liebes Internet,
dieser Post ist recht explizit und gnadenlos ehrlich. Er zeigt, daß Smiri keine Pastorentochter ist, sondern durchaus Abgründe und Untiefen in sich trägt. Und es geht um Sex bzw. Nichtsex.
Falls Du mich als empfindsame, scheue, keusche Dame in Erinnerung behalten möchtest, bitte nicht weiterlesen - wobei ich mir nicht erklären könnte, woher dieser Eindruck stammen sollte...aber ich dachte, ich erwähne es mal.]
Das Meer braust und tost derzeit, liebes Internet: Ich bin nur noch unterwegs, trinkend und tanzend, verdrehe Männern die Köpfe, zumindest für diese eine Nacht, und bin sehr ruhelos und sehr müde gleichzeitig.
Und am nächsten Morgen immer alles ganz nett, sehr verkatert und dann der Abschied und dann das Warten: Ruft er an? Und die Erwartung: Ach was, der ruft nicht an - und dann die Enttäuschung: Er ruft wirklich nicht an. Und dann ist Mittwoch und fast schon wieder das nächste Wochenende, die nächste Nacht, der nächste Mann.
Aber, Internet: Es geht mir nur ums Kopf verdrehen und Arm in Arm einschlafen. Mehr ist da nicht, mehr will ich nämlich nicht. Ich behalte mir vor, jemanden mit nach Hause zu nehmen und dann nicht mit ihm zu schlafen, sondern neben ihm. Und das tut mir alles in allem gut, gibt Bewegung und Ausgleich, Bestätigung und Kontrolle über die Situation, zwar nur bis zu dem Moment des Abschieds, aber immerhin.
Die Männer sind allesamt jünger, das macht es für mich einfacher und reizvoller. Ich mag Männer AnfangMitte 20, weil sie noch offener und weniger schrullig sind, weil sie wunderschöne Körper haben und gut riechen, weil sie viel trinken und trotzdem noch gut küssen können, weil sie von Frauen um die 30 fasziniert sind, weil sie noch zu beeindrucken sind: Von der Welt, von mir, von Frauen überhaupt. Weil sie noch nicht alles gesehen, alles schon mal gehört, alles schon mal gemacht haben. Und, ja: Weil ich sie beeindrucken kann, mit mir, weil ich sie nicht als Bedrohung, sondern als Herausforderung empfinde. Weil sie niedlich und sexy gleichzeitig sind, weil ich mit ihnen umgehen kann. Es geht auch um Kontrolle und um Macht und das Gefühl, eine Situation bestimmen zu können - und vielleicht hole ich mir das zurück, was ich in manchen Beziehungen vermißt habe, nämlich das Gefühl, die Fäden in der Hand zu halten und zu agieren, nicht nur zu reagieren.
Also ganz eitel und unschön und unsympathisch: Machtstreben, Selbstbestätigung, Egotrip. So bin ich nämlich auch, Internet: Unsympathische Femme fatale, die sich einfache Beute aussucht, weil sie Angst vor Gleichaltrigen hat.
Und trotzdem: Jedesmal nach einer solchen Nacht sitze ich Löwin vor dem Telefon und warte, daß die Gazelle sich meldet.
Ich komme mir vor wie ein schlimmer Mensch, wenn ich das hier schreibe, aber ich weiß, daß es so ist: Ich stehe im Moment auf Männer, die fünf, sechs, sieben Jahre jünger sind als ich. Weil sie mir nicht so wehtun wie die in meinem Alter. Weil sie in meinem Hirn aufgrund ihres Alters von vorneherein nicht als potentielle Partner in Frage kommen - deswegen kann ich einfach so sein, wie ich bin, und muß nicht das Ehevermittlungsprogramm fahren, wie ich es sonst unbewußt gerne tue.
Und beim Tippen merke ich, der letzte Punkt ist ja Käse: Was hindert mich denn daran, mit einem jüngeren Mann eine Beziehung zu führen? Wenn wir zueinander passen, ist das doch eigentlich egal...Oder anders: Vielleicht passe ich in der jetzigen Lebensphase eh nicht zu den Männern meines Alters, sondern zu den Mitte20ern.
Und noch ein abgefahrener Punkt, den ich hier noch gar nicht erwähnt habe: Ich bin so mit meinem Körper zufrieden und finde mich in meinen lauten Klamotten und mit den kurzen Haaren so gut, daß ich offensichtlich sowieso viel lauter, offener und ich selbst bin - und damit plötzlich Wahnsinnserfolg bei Männern habe. Mit Kleidergröße 48 und derzeit 103 Kilo Körpergewicht. Mwaha, Schönheitsideal: Nimm das.
Ach so, und ja: Ich habe kurze Haare, hervorragend, nie wieder lange und so.
Ergebnis der letzten Wochen inklusive zweier Tagungen, wenig Zeit zuhause und zuwenig Schlaf, alles in allem, und zuviel Alkohol, alles in allem: Ich habe Halsweh und Ohrenweh und Schnupfen und mich heute vollkommen umsonst an die Uni geschleppt, weil in meinem Universum mein Seminar heute stattfindet, in der Realität aber erst morgen. Ist mir noch nie passiert, sowas, saudoof und Zeichen für: Ich brauch Urlaub.
Den habe ich zum Glück nächste Woche.
Und ich glaube, ich gehe gleich einfach heim und lege mich ins Bett. Und starre löwinnengleich auf mein Telefon. Könnte ja wer anrufen. Eine Gazelle, womöglich.
smiri - 26. Sep, 10:19
Eine Frau wie das Meer, so fühle ich mich.
Letztes Wochenende bin ich nach Sylt geflüchtet, hab mir die Nordsee angesehen und war zum ersten Mal in meinem Leben nackt baden, ich, Smiri, Kleidergröße 48 und knapp hundert Kilo schwer, lag zunächst in einem Leopardenbikini am Strand und bin dann nackt in der Nordsee geschwommen, man stelle sich das vor.
Manchmal braucht es ein ganzes Meer, um den Schlamm von der Seele zu spülen, und ich bin wacher und sensibler wieder nach Hause gekommen, weniger traurig, auch wenn ich jetzt mehr weine (bzw. überhaupt mal wieder weinen kann): Ich bin mehr bei mir und anwesend und weniger verzweifelt.
Und Echos Kommentar hat mir die Tränen in die Augen getrieben, weil es das ausdrückt, wie es mir geht: Ich verarbeite nach und nach all die Phasen dieses Jahres, in denen ich nur funktioniert habe. Und dazu gehört: Echo, ich vermisse Dich. Ich vermisse die Zeit im Park, ich vermisse unser nächtliches Gekicher im Zelt, ich vermisse das entspannte Rumhängen und das Leben auf sich regnen lassen. Du fehlst mir, mit Deiner Verpeiltheit, Deinen Poi, Deinen schönen schmalen Händen.
Aber ich fürchte, wir können nur an einem fixen Punkt in der Zeit zusammenkommen und uns nicht gut in der Zeit zusammen bewegen: Du und ich, wir sind ein Traum, wir sind Urlaub, freie Zeit, wilde Träume, schöne Stunden. Aber sind wir real?
Ich fürchte nicht, und deswegen habe ich mich von Dir getrennt: Ich schaffe den Spagat nicht auf die Dauer, zwischen zeitloser Momentaufnahme und kontinuierlichen Alltagsanforderungen. Wenn Du stehenbleibst oder driftest, ich aber voranschreiten muß, dann können wir nicht nebeneinander gehen.
Und doch: Du fehlst mir, und ich halte unsere gemeinsame Zeit als etwas Schönes, Kostbares und Wertvolles.
Wenn ich auch aus der Zeit ginge, dann könnten wir uns ein Luftschloß bauen.
Aber Benjen, ich muß ans Meer und nach Großbritannien und dort will ich leben - und das gut und konkret und in echt und nicht nur in der Phantasie. Und ich will dort arbeiten und einen Tagesablauf haben und einen Herd und kochen und Leute einladen und in einem Pub sitzen. Ich will in der Zeit leben, mit der Zeit - und nicht daneben oder außerhalb.
Ich habe beim Blick auf das Meer festgestellt, daß ich ein wunderbares Segelschiff habe, welches ich befehlige - und was dafür gemacht ist, raus aufs Meer zu segeln, Stürmen zu trotzen, einen Kurs zu halten und sich den wilden Wogen zu stellen.
Die Mitfahrer, die ich bis jetzt hatte, konnten dem nicht standhalten.
Sie hatten Angst vor dem offenen Meer, wie der Mann, dem es zuviel wurde, als wir den Hafen verließen und sich die ersten Wolken zeigten und Schaumkrönchen auf den Wellen. Manche Menschen wollen eben lieber ein Haus am Hafen - oder noch besser, ein Haus weit weg von der Küste.
Sie wollten manchmal den Kurs bestimmen und alles verändern, kaum daß ich weggesehen habe, sind mit Absicht in den Sturm gefahren und haben mir das Ruder aus der Hand gerissen wie der Miszter auf seine wilde, schöne und doch gefährliche Art.
Sie haben sich ein eigenes Schiff gebaut, bei mir gelernt, wie das mit dem Segeln geht, und dann ihren eigenen Kurs gesetzt, weg von mir, zu neuen Ufern, zu ihren eigenen Inseln, wie der Pferdedieb.
Sie haben sich meinen Kurs angesehen, sich meinem Kommando gefügt, aber heimlich Löcher in die Segel geschnitten oder den Wind aus meinen Segeln genommen: Flaute und herrlich entspanntes Dümpeln auf der ruhigen See. Wie Echo. Aber dadurch segeln wir nicht, kommen nicht vorwärts, und ich muß doch aufs Meer! Ich muß doch segeln! Ich muß doch weiter!
Das sind meine Nordseeerkenntnisse gewesen, und ich habe mich höflich bei ihr bedankt, daß ich diese Gedanken mit der großen blaugrauen Weite teilen durfte.
Ich muß wirklich am Meer wohnen. Nichts sonst macht mich so friedlich und ruhig und entspannt wie das Woosh-woosh-woosh der Wellen und die kreischenden Möwen und der Sand und der Wind und das Wasser. Da tue ich mir gut und Gutes, achte auf mich und kann klar denken. Ich muß alle paar Jahre das Meer sehen, sonst gehe ich ein, einfach so, wie eine Salzprimel*.
Eine Frau wie das Meer, ich sags ja.
[*Wer mich kennt, weiß, daß ich von Botanik genausoviel Ahnung habe, daß ich einen Kaktus von einer Tulpe unterscheiden kann. Eine Salzprimel ist ein kleines Blümchen, was gerne eingeht, wenn es nicht gegossen wird. Und zwar mit Meerwasser. Was denn? In einer Welt, in der es Pflanzen mit Namen wie "Affenbrotbaum" gibt, kann es auch Salzprimeln geben.]
smiri - 17. Aug, 14:30