Freitag, 17. Dezember 2010

Sorgen. Und Wut.

Ich frage mich ernsthaft, ob Eltern vor der Geburt des ersten Kindes einen Kurs in emotionaler Epressung belegen können, sowas wie Geburtsvorbereitung, vom Staat gesponsort oder so.
Mein Vater und ich haben mehr oder minder regelmäßigen SMS-Kontakt. Mein Vater hat zudem eine generalisierte Angststörung und nimmt diverse Medikamente dagegen, was in der Kombination mit SMSfähigem Handy dazu führt, daß ich des öfteren nachts depressive, hoffnungslose, angsterfüllte SMS von meinem Vater bekomme. Ich reagiere bei weitem nicht auf jede davon, denn außer Durchhalteparolen kann ich erstens eh nichts sagen und zweitens ist es auch meistens nicht erforderlich, er und ich kennen das und gehen damit irgendwie um.
In den letzten Tagen war die SMS-Frequenz etwas höher als sonst, ich habe mir wenig dabei gedacht und nicht darauf reagiert, zumal mein Vater derzeit mit einem Freund in Urlaub ist und ich mir dachte, da hat er jemanden zum Reden.
Die SMS änderten sich allerdings mit der Zeit, und was diesmal anders ist, ist das, was mich so wütend macht: Er tut das, was ich sonst meiner Mutter vorgeworfen habe, nämlich über seine Ex herziehen. Und der Hammer: Von ihm kommt plötzlich das Totschlagargument schlechthin.

"Ich wäre viel früher gegangen, aber Deinetwegen bin ich geblieben."

Mit diesem beschissenen Satz bin ich aufgewachsen, den kenne ich von meiner Mutter zur Genüge. Und jetzt kommt mein Vater mit dem gleichen Mist?!

Das war der Moment, in dem ich wütend wurde.
Verdammt nochmal, wenn Ihr nicht so verkorkste Personen gewesen wärt und verdammt nochmal weniger feige, dann hättet Ihr Euch einfach getrennt und uns allen ginge es besser...
Stattdessen tun plötzlich meine beiden Eltern das, was ich leider viel zu sehr verinnerlicht habe, und geben mir die Schuld an ihrem Zusammenleben über das Verfallsdatum ihrer Beziehung hinaus.
Das ist so bitter und so billig und so mies und vor allem so unfair...

Aber es geht noch weiter.
Gestern Nacht wurden die SMS aggressiv, und zwar gegen mich. Ich habe mich einfach nicht gemeldet, weil ich wollte, daß es aufhört, und weil ich vor lauter Zorn eh nichts mehr schreiben wollte, sondern lieber schreien (was ich übrigens gemacht habe, war essen, zocken und schlafen und mich der Welt verweigern. Oh, hallo, Eßstörung - ich glaube, wir kennen uns.).
Irgendwann ist mir der Kragen geplatzt und ich habe zurückgeschrieben, was nur noch mehr Öl ins Feuer gegossen hat offensichtlich, weil meinem Vater rational nicht mehr beizukommen war.

"Ich laufe niemandem hinterher, auch nicht meiner Tochter."

Als wärest Du mir jemals hinterhergelaufen, Papa.

Das tut so weh, so verdammt weh, daß ich fast eingeknickt wäre, die Schuld auf mich geladen und mich entschuldigt hätte. Habe ich aber nicht. Ich bin neutral und sachlich geblieben. Was das Wehtun nicht weniger macht, im Gegenteil.

Scheidungskind sein ist scheiße. Auch mit fast 31 Jahren noch.
teerose (Gast) - 19. Dez, 12:27

Übergriff und Abgrenzung

Hallo, liebe Smiri, gelegentlich lese ich deinen blog - und heute MUSS ich was dazu schreiben! Also: "eure kinder sind nicht euer besitz, sondern sondern die söhne und töchter des lebens auf der suche nach sich selbst ..." **
das buch von Khalil Gibran, aus dem dieser text stammt, ist zwar schon etwas abgegriffen, aber hier doch passend, scheint mir.
Ich finde, deine eltern haben kein recht, dir ihren scheiß aufzubürden. und du hast nicht nur das recht, sondern um deiner selbst willen die pflicht, dich zu weigern, ihren scheiß anzunehmen. das heißt aus meiner sicht: deinem vater ganz klar sagen, dass er der vater ist und du die tochter bist, und dass er seine probleme mit seinesgleichen (freunde, freundin, therapeut/in, alkohol ... oder was auch immer) lösen muss. keine sms mitten in der nacht, überhaupt keine sms, wenn er nicht gut drauf ist. er soll dich als kostbarkeit ansehen und auch so behandeln. und genau dasselbe gilt natürlich für deine mutter. seinen kindern den eigenen beziehungs- und lebensscheiß aufzuladen, ist ausgesprochen übergriffig! und dagegen hilft nur konsequente abgrenzung und ein guter ort, um sich zu regenerieren und die eigenen dinge in den blick und in die hand zu nehmen!!
du bist nur für dich und dein leben verantwortlich. deine eltern haben ihre entscheidungen für sich selbst getroffen und müssen selbst damit umgehen. und wenn sie erkennen, dass es die falsche entscheidung war, mag das bitter sein, hat aber nichts, überhaupt nichts mit dir zu tun. und das musst du ihnen dringend und so oft wie nötig sagen - jedesmal, wenn du das gefühl hast, sie schieben dir was rüber. wenn du das nicht tust/ dich nicht abgrenzst, ist es wie bei alkoholikern und co-alkoholikern - jedeuterstützung verlängert das leiden!
liebe smiri, ich hoffe sehr, du wurschtelst dich raus und guckst nach vorne und lässt deine eltern ihre probleme alleine lösen.
die daumen drückt dir
teerose

** "Your children are not your children.
They are the sons and daughters of Life's longing for itself.
They come through you but not from you,
And though they are with you, yet they belong not to you.
You may give them your love but not your thoughts.
For they have their own thoughts.
You may house their bodies but not their souls,
For their souls dwell in the house of tomorrow, which you cannot visit, not even in your dreams.
You may strive to be like them, but seek not to make them like you.
For life goes not backward nor tarries with yesterday."
[Quelle: http://wikilivres.info/wiki/The_Prophet]

teerose (Gast) - 19. Dez, 12:37

gehört noch dazu

liebe Smiri, oben muss es am ende des vorletzten absatzes natürlich 'jede unterstützung' heißen. und ich habe vergessen zu schreiben, warum ich einen kommentar verfassen musste: weil ich so wütend geworden bin, als ich deinen text gelesen habe. ich wünsche dir ganz viel von meiner wut! wut ist lebenskraft - mit ein paar guten konstruktiven ideen ergänzt, kann sie weit tragen.
alles liebe
teerose

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