Dienstag, 17. Januar 2012

Letters to Lords and Ladies: Anker.

Anker,

Du warst der, der mich zum Bloggen gebracht hat - der mir die Urversion des Smiriblogs aufgesetzt hat, auf Deinem alten Server.
Du warst der, der mir überhaupt den Spitznamen Smiri verpaßt hat, man stelle sich das mal vor!
Das war vor über acht Jahren, und ich habe leider wirklich den zeitlichen Überblick verloren, wann was war und wann wir uns so merkwürdig auseinandergelebt haben.
Ich bin sogar in Deine Wohnung gezogen, als Du nach Tübingen gegangen bist - das erste Mal alleine wohnen, die Zeit mit dem Miszter, das war alles in dieser Wohnung, die ich von Dir übernommen habe.
Kennengelernt haben wir uns bei den Vorbereitungen für eine Kinderfreizeit, das muß 2001 oder 2002 gewesen sein (wie gesagt, ich kriege die genauen Jahreszahlen einfach nicht mehr so gut hin) - und ganz schnell angefreundet.
So fest angefreundet, daß es bei einem späteren Vorbereitungstreffen, an dem Du noch nicht da warst, hieß: "Smiri, weiß Du, wo der Anker ist?"
Ich habe leider wahnsinnig viel vergessen aus der Zeit, aber ich weiß noch, daß wir abendelang in Deiner Wohnung gesessen haben, im Wohnzimmer, geredet, Musik gehört.
Dein alter Monitor auf einem Skateboard als Fernseher.
Wie Dein Wohnzimmer und Dein Schlafzimmer eingerichtet waren - das habe ich später genauso übernommen, als ich in diese Wohnug gezogen bin, stand alles genau am gleichen Platz: Mein Bett, mein Kleiderschrank, mein Sofa, die Bücherregale, mein Schreibtisch - eine Kopie der Ankerschen Wohnung, mit meinen Möbeln nachgebaut.

Nächtelang gekickert im Eck, mit Deinen Jungs, ich als einzige Frau und dann noch sechs Jahre jünger - was ein Gespann!
Und daß ich verdammt oft bei Dir übernachtet habe, Du morgens diszipliniertestens um acht aufgestanden bist, um um zehn an der Uni zu sein, an Deiner Diss zu arbeiten, nachdem wir bis um zwei, drei Uhr gesoffen und gelacht haben. Damals habe ich Euch Jungs oft damit aufgezogen, wenn Ihr um drei schon heim wolltet. Heute sage ich einfach nur: Respekt, ich kann das mit 30 nicht mehr. Und mit 32 schon gar nicht.

Wenn ich an Dich denke, sehe ich ein Kinderfreizeitfoto von Dir, was ich vielleicht sogar irgendwo noch habe: Du mit langen Haaren und Zigarette im Mundwinkel, der Du irgendwem außerhalb des Bildes was erzählst. Dein lautes, herzliches Lachen. Deine Hände, wie Du irgendwas erklärst.

Du hast mir beigebracht, auch mal Nein zu sagen, wenn ich keine Lust auf Kaffeetrinken oder was unternehmen hatte. Und daß das okay ist und nichts mit Ablehnung der anderen Person zu tun hat, sondern daß "Ich habe keine Lust darauf, Kaffee trinken zu gehen" genau das heißt und nicht "Ich habe keine Lust, Dich zu sehen, weil ich sauer auf Dich bin". Das konnte ich damals noch nicht, und habe Dich die ersten Male nicht verstanden, wenn Du mir das gesagt hast.

Natürlich habe ich mich heftigst in Dich verliebt. Du warst damals immerhin mein Traummann und allerbester Freund der Welt, eine zeitlang. Wir waren so dermaßen ein Kopp und ein Arsch, das hatte ich bis dato mit einem Mann noch nie erlebt. Eine innige Beziehung in Herz und Verstand, wie soll man sich da nicht verlieben?
Und Du hast so cool und erwachsen reagiert, als ich Dir das gestund: Mir in aller Ruhe erklärt, daß Du nicht so für mich fühlst. Gesagt, wir sehen uns zwei Wochen lang nicht, weil das besser für mich ist. Erstmal Abstand geschaffen, was mir immens geholfen hat, Dich wieder als sehr guten Freund zu sehen - und mich zu "entlieben".

Ich weiß nicht, wie diese enge Bindung auseinandergedriftet ist - es fing an, als Du nach Tübingen gezogen bist. Ich weiß, ich war Dich einmal besuchen...irgendwie ist der Kontakt eingeschlafen, aber ich habe mich immer tierisch gefreut, Dich zu sehen.

So auch das eine Mal in der Garage, als ich Dich getroffen habe - wir waren beide schon betrunken, glaube ich, und ich hatte entweder Deinen oder den Geburtstag eines sehr guten Freundes von Dir verpeilt, irgendsowas - und ich habe mich dermaßen gefreut, Dich zu sehen, bin freudestrahlend auf Dich zu und Du hast mich mit einem Schwall von Vorwürfen empfangen, von denen ich im Laufe der Zeit fast alles vergessen habe. Nur einen Satz habe ich behalten: "Du hast mich im Stich gelassen."

Und diesen Satz habe ich bis heute nicht verstanden.
Ich dachte, wir haben uns auseinandergelebt, räumlich und überhaupt - und ich war einfach nur froh, Dich als besten Freund gehabt zu haben. Ich weiß nicht, woher die ganze Wut auf mich herkam, warum sie sich plötzlich in diesem Wortschwall entladen hat, Sturmflut aus Verletzung (Deine Verletzung und der Versuch, mich zu verletzen) und Beleidigung und Beleidigtsein und dieser Satz "Du hast mich im Stich gelassen."
Ich habe damals wie heute nie verstanden, was an diesem Abend bei Dir passiert ist, ich habe versucht, mit Dir zu reden, Du wolltest nicht und hast vollkommen abgeblockt.
Ich bin dann weinend nach Hause und habe nicht begriffen, was da gerade passiert war.

Wochen, Monate, Jahre (?) später hab ich Dich zufällig wiedergesehen. Du hattest kurze Haare, hattest zugenommen, warst ergraut und sahst plötzlich hundert Jahre älter und so verdammt fremd aus. Und Du hast mich nicht gesehen, absichtlich, und das mit einer Härte und Kälte, die mir fast noch mehr weh getan hat als die Sturmflut vorher.
Ich hatte Dich endgültig verloren, so pathetisch das klingt, und seitdem fehlst Du mir. Weil Du mir gezeigt hast, wie tief man mit einem Menschen befreundet sein kann, ohne mit ihm in einer Paarbeziehung zu sein - und weil ich das seitdem gesucht, aber nie mehr so gefunden habe.

Seitdem hast Du mich nicht mehr gegrüßt, wenn wir uns zufällig getroffen haben, nie wieder mit mir gesprochen, und was bleibt, ist ein bitteres Gefühl bei mir, das ungeklärte Ende einer Freundschaft und - wie ich gerade feststelle- meinerseits das Gefühl, daß DU mich in der Situation im Stich gelassen hast.

Mittlerweile (bzw nach meinem letzten Stand der Dinge, der nun auch schon Jahre her ist) hast Du Frau und Kind und bist in Berlin.

Ich weiß nicht, was Du machst und ich weiß nicht, ob Du noch manchmal in dieser Stadt hier bist und vielleicht sogar manchmal an mich denkst, wenn Du durch "unsere" Straßen ziehst.
Ob Du das Foto von Dir mit der Zigarette im Mundwinkel noch hast.

Ich weiß nur, ich habe viel von Dir gelernt - und wir haben uns offensichtlich gegenseitig furchtbar weh getan, ohne es zu wollen und ohne es zu wissen.

Ich hoffe sehr, daß Du diese Verletzung überwunden hast.
Ich für meinen Teil bin gerade erst dabei, die Verletzung zu überwinden - aber ich glaube, ich kann Dich jetzt loslassen.
Vergessen werde ich Dich nie.

Anker, ich wünsche Dir nur das Beste, als Partner, Vater, als Freund und als Mensch für die Personen, die Dir in Deinem Leben nun wichtig sind.

War schön, Dich so nah in meinem Leben gehabt zu haben.
Wäre schön, mal wieder von Dir zu hören.

Danke für alles,

Deine

Smiri.

Letters to Lords and Ladies: Eine Einführung.

Ich habe wirklich lange überlegt, ob ich das machen soll. Die Idee gibt es schon länger, eine neue Kategorie einzuführen hier in Smiris Welt bzw. dieses Projekt zu starten - gescheitert ist es an Überlegungen wie "Ist das nicht zu intim?", "Ich habe dafür keine Zeit!", "Muß das überhaupt sein?". Bis jetzt.
Ich werde hier Briefe schreiben, an Menschen, die mir wichtig waren. Und in diesen Briefen versuchen, loszulassen, unklare Dinge für mich zu klären und aufzuschreiben, um mich davon zu befreien. Was ich aufschreibe und festhalte, schwirrt nicht mehr lose in meinen Gedanken. Es bekommt seinen Platz hier und kann nicht mehr im Weg rumstehen, auf daß ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit drüberfalle.
Ist ein bißchen wie aufräumen: Im Herzen und im Kopf entrümpeln und Dinge einfach mal wohinstellen, loslassen, weggeben und mich freier und offener machen für das, was ist und das, was da kommt - weil das, was war nicht mehr störend alles zumüllt.
Mal sehen, wer alles einen Brief bekommt - ich weiß es selber noch nicht so genau. Genau wie beim Kellerentrümpeln: Da weiß man auch nie vorher, was alles zutage tritt in den ganzen Kisten und Ecken...

Long lost loves.

Ich denke viel nach die letzten Tage.
Das neue Jahr hat angefangen, und es hat angefangen, mir Spaß zu machen.
Ich habe angefangen, loszulassen, die ganzen Menschen, die mich begleitet haben ein Stück und jetzt zu Menschen geworden sind, die ich mal kannte, wie Mister B. und der Anker. Die anderen auch, aber das sind die beiden, die ich zur Zeit am meisten vermisse.
Ich definiere mich neu und suche weiter - und merke, wie ich mich langsam wieder auf Menschen einlassen kann und das Universum zulassen und dem Leben zuhören.
Nicht immer, aber langsam.
Und ich fange an, wieder auf Zeichen und Wunder zu achten - und falle prompt über dieses Lied, was so gut paßt:
Walk off the Earth, Somebody I Used to Know.



Und genau diese verlorenen Lieben fange ich an, loszulassen und mein Herz wieder fliegen zu lassen, weiterzusegeln - da ist das offene Meer, da muß ich hin.

Danke, Universum: Ich höre Dir wieder zu.

[Nachtrag: Wenn jemand dies liest, der Mister B. oder den Anker kennt - grüßt sie bitte von mir. Danke für die Zeit, Jungs. Ihr macht Euch keinen Begriff, wie sehr ich Euch vermisse - und Euch gleichzeitig dankbar bin für die tolle Zeit. Ich wünsche Euch das Beste, was auch immer Ihr tut. Tut Euch nicht weh, da draußen im Leben, und paßt auf Euch auf! Ist manchmal kalt auf dem offenen Meer, und stürmisch.]

Nie fragen!

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