Mach's gut, und danke für die Zeit, Tom.
Mein Freund, der Katz, ist tot.
Er entschlief gestern sanft nach dramatischem Erwachen und weilt jetzt hoffentlich im Katzenhimmel, jung, schön und unkastriert...
Tom heißt, nein, hieß eigentlich Sam, war vierzehn Jahre alt und davon zweieinhalb bei mir.
Dies ist sein Nachruf, geschrieben in ehrlicher Trauer und auch in Erleichterung ob seiner Erlösung von den Schmerzen, die er am Ende hatte.
Und die Zusammenfassung unserer gemeinsamen Geschichte.
Im Sommer vor drei Jahren sollte die Katze einer Freundin von mir Junge bekommen. Ich war natürlich ganz scharf auf ein kleines, schnuckliges, maunzendes Katzenbaby - aber leider wurde nichts draus, weil das mir zugedachte starb, bevor ich einen Blick darauf werfen konnte.
Eine Katze wollte ich aber immer noch. Ich kam auf die Idee, mir eine ältere, stubenreine Wohnungskatze zuzulegen. Nach längerem Hin- und Hersuchen wandte sich eine ältere Dame an mich, die wiederum eine Bekannte hatte, die herrenlose Katzen jeden Alters bei sich aufnimmt, bevor sie ins Tierheim müssen. Also fuhr ich mit jener mir unbekannten älteren Dame zu ihrer mir unbekannten älteren Freundin in deren Haus. So viele Katzen habe ich noch nie auf einem Haufen gesehen. Alte, junge, lahme, blinde, taube, schwarze, getigerte, gesunde Katzen. So, und jetzt such Dir mal eine aus. Kann ja nicht so schwer sein, sehen eh alle völlig verschieden aus. Eigentlich hatte ich mich schon fast für eine rabenschwarze, dicke Dame entschieden, zwar stocktaub und wenn mich die Erinnerung nicht täuscht sogar auf einem oder beiden Augen blind, aber lieb und hilfsbedürftig.
Aber dann sagte die Freundin der Dame, sie hätte gerade heute einen Neuzugang erhalten, ob das nichts für mich wäre: Ein kastrierter Kater, zwölf Jahre alt, den sein Besitzer weggeben mußte, weil dessen Freundin drei Katzen hat, die den armen nur fertigmachen (den Kater, nicht den Besitzer). Eine Entscheidung, die mich ziemlich enttrüstet hat. Ich gebe doch nicht meinen alten Kater weg, fast schon im Wissen, daß ihn niemand mehr haben will, eben weil er so alt ist, bloß weil meine Schnalle drei Zickenpussys ihr eigen nennt...Hmpf.
Jedenfalls habe ich mir besagten Kater angesehen. Und besagter Kater war wunderschön getigert, ziemlich groß und furchtbar schlecht gelaunt. Ein alter Herr eben. Und wie für mich gemacht. Liebe auf den ersten Blick, Kater eingepackt, mitgenommen und zuhause erstmal Napf, Klo und Schlafplatz improvisiert (wer hätte denn gedacht, daß ich schon am gleichen Tag Katzenbesitzerin werde, hm?).
Zwei Wochen später dann das erste vertrauliche Mittagsschäfchen auf meiner unbequemen Couch in der Küche, ich zuunterst, Kater Tom zusammengerollt und schnurrend auf meinem Bauch.
Dann erster Umzug (katzenbedingt, leider sind Haustiere hier verboten. Ok, dann ziehe ich zwei Wochen später aus). Tom wird WG-Kater und Partyhengst, der sich eindeutig am wohlsten fühlt, wo die Musik und die Leute sind, und macht sich einen Spaß daraus, mich möglichst unsanft zu wecken und auch schon mal Herrenbesuch aus meinem Bett und aus meiner Wohnung zu vertreiben. Mit sanftem Druck, natürlich, was bedeutet: Prankenhiebe ins Gesicht und NebelhornJaulen auf "on".
Ein Jahr später zweiter Umzug. Ich bin jetzt die Verkörperung des Klischees: Übergewichtige brillentragende SingleFrau mit ZweiZimmerDachWohnung und Katze. Immerhin kann ich weder kochen noch stricken, dafür aber mich mit dem Kater verkrachen und versöhnen und männerlose Nächte durch Nase im schnurrenden Katzenfell kompensieren.
Dann plötzlich neuer Freund! Aber: statt Eifersucht und Terror traute Dreisamkeit. Tom erkennt, daß der Miszter viel einfacher zu wecken ist als ich und viel bedingungsloser zu jeglicher Tageszeit Futterpäckchen öffnet. Ergo: Alles im Lack.
Aber leider kommt dann der Krebs. Beim Tierarzt erfahre ich dann dank des Impfbuchs, was ich zwar besessen, aber nie gelesen habe, daß Tom nicht Tom, sondern Sam heißt, was jetzt aber auch nix mehr ausmacht - entweder der Kater reagiert auf Rufe oder nicht, wie Katzen das halt so tun. Außerdem hat der Katz Krebs. Bösartigen. Den kann man entweder rausschneiden und hoffen, daß er nicht wiederkommt (was er aber meistens tut) oder ignorieren, bis es zu schlimm wird. Der Tierarzt meinte auch, er würde bei einer OP den Kater je nach Zustand und Fortschritt des Krebses direkt einschläfern. Daher habe ich mich für die Lösung Ignorieren und schöne letzte Zeit haben entschieden. Die ja dann auch immerhin noch fast ein halbes Jahr gedauert hat.
Und gestern war es dann so weit. Mittlerweile war Tom nur noch Haut und Knochen und der Tumor immens gewachsen. Alles nur noch eine Frage von Tagen. Gestern mittag fing der Tumor an zu bluten, ab zum Tierarzt, die Diagnose schon im Kopf, nur noch nicht im Herzen.
Während er einschlief, habe ich mich bei Tom bedankt für die Zeit und ihm gesagt, daß es jetzt nicht mehr weit ist, daß er es gleich geschafft hat, daß er dann ankommt am Ende seiner Reise.
Ruhe in Frieden, mein Herz. Und danke nochmal. Es war schön mit Dir...
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Er entschlief gestern sanft nach dramatischem Erwachen und weilt jetzt hoffentlich im Katzenhimmel, jung, schön und unkastriert...
Tom heißt, nein, hieß eigentlich Sam, war vierzehn Jahre alt und davon zweieinhalb bei mir.
Dies ist sein Nachruf, geschrieben in ehrlicher Trauer und auch in Erleichterung ob seiner Erlösung von den Schmerzen, die er am Ende hatte.
Und die Zusammenfassung unserer gemeinsamen Geschichte.
Im Sommer vor drei Jahren sollte die Katze einer Freundin von mir Junge bekommen. Ich war natürlich ganz scharf auf ein kleines, schnuckliges, maunzendes Katzenbaby - aber leider wurde nichts draus, weil das mir zugedachte starb, bevor ich einen Blick darauf werfen konnte.
Eine Katze wollte ich aber immer noch. Ich kam auf die Idee, mir eine ältere, stubenreine Wohnungskatze zuzulegen. Nach längerem Hin- und Hersuchen wandte sich eine ältere Dame an mich, die wiederum eine Bekannte hatte, die herrenlose Katzen jeden Alters bei sich aufnimmt, bevor sie ins Tierheim müssen. Also fuhr ich mit jener mir unbekannten älteren Dame zu ihrer mir unbekannten älteren Freundin in deren Haus. So viele Katzen habe ich noch nie auf einem Haufen gesehen. Alte, junge, lahme, blinde, taube, schwarze, getigerte, gesunde Katzen. So, und jetzt such Dir mal eine aus. Kann ja nicht so schwer sein, sehen eh alle völlig verschieden aus. Eigentlich hatte ich mich schon fast für eine rabenschwarze, dicke Dame entschieden, zwar stocktaub und wenn mich die Erinnerung nicht täuscht sogar auf einem oder beiden Augen blind, aber lieb und hilfsbedürftig.
Aber dann sagte die Freundin der Dame, sie hätte gerade heute einen Neuzugang erhalten, ob das nichts für mich wäre: Ein kastrierter Kater, zwölf Jahre alt, den sein Besitzer weggeben mußte, weil dessen Freundin drei Katzen hat, die den armen nur fertigmachen (den Kater, nicht den Besitzer). Eine Entscheidung, die mich ziemlich enttrüstet hat. Ich gebe doch nicht meinen alten Kater weg, fast schon im Wissen, daß ihn niemand mehr haben will, eben weil er so alt ist, bloß weil meine Schnalle drei Zickenpussys ihr eigen nennt...Hmpf.
Jedenfalls habe ich mir besagten Kater angesehen. Und besagter Kater war wunderschön getigert, ziemlich groß und furchtbar schlecht gelaunt. Ein alter Herr eben. Und wie für mich gemacht. Liebe auf den ersten Blick, Kater eingepackt, mitgenommen und zuhause erstmal Napf, Klo und Schlafplatz improvisiert (wer hätte denn gedacht, daß ich schon am gleichen Tag Katzenbesitzerin werde, hm?).
Zwei Wochen später dann das erste vertrauliche Mittagsschäfchen auf meiner unbequemen Couch in der Küche, ich zuunterst, Kater Tom zusammengerollt und schnurrend auf meinem Bauch.
Dann erster Umzug (katzenbedingt, leider sind Haustiere hier verboten. Ok, dann ziehe ich zwei Wochen später aus). Tom wird WG-Kater und Partyhengst, der sich eindeutig am wohlsten fühlt, wo die Musik und die Leute sind, und macht sich einen Spaß daraus, mich möglichst unsanft zu wecken und auch schon mal Herrenbesuch aus meinem Bett und aus meiner Wohnung zu vertreiben. Mit sanftem Druck, natürlich, was bedeutet: Prankenhiebe ins Gesicht und NebelhornJaulen auf "on".
Ein Jahr später zweiter Umzug. Ich bin jetzt die Verkörperung des Klischees: Übergewichtige brillentragende SingleFrau mit ZweiZimmerDachWohnung und Katze. Immerhin kann ich weder kochen noch stricken, dafür aber mich mit dem Kater verkrachen und versöhnen und männerlose Nächte durch Nase im schnurrenden Katzenfell kompensieren.
Dann plötzlich neuer Freund! Aber: statt Eifersucht und Terror traute Dreisamkeit. Tom erkennt, daß der Miszter viel einfacher zu wecken ist als ich und viel bedingungsloser zu jeglicher Tageszeit Futterpäckchen öffnet. Ergo: Alles im Lack.
Aber leider kommt dann der Krebs. Beim Tierarzt erfahre ich dann dank des Impfbuchs, was ich zwar besessen, aber nie gelesen habe, daß Tom nicht Tom, sondern Sam heißt, was jetzt aber auch nix mehr ausmacht - entweder der Kater reagiert auf Rufe oder nicht, wie Katzen das halt so tun. Außerdem hat der Katz Krebs. Bösartigen. Den kann man entweder rausschneiden und hoffen, daß er nicht wiederkommt (was er aber meistens tut) oder ignorieren, bis es zu schlimm wird. Der Tierarzt meinte auch, er würde bei einer OP den Kater je nach Zustand und Fortschritt des Krebses direkt einschläfern. Daher habe ich mich für die Lösung Ignorieren und schöne letzte Zeit haben entschieden. Die ja dann auch immerhin noch fast ein halbes Jahr gedauert hat.
Und gestern war es dann so weit. Mittlerweile war Tom nur noch Haut und Knochen und der Tumor immens gewachsen. Alles nur noch eine Frage von Tagen. Gestern mittag fing der Tumor an zu bluten, ab zum Tierarzt, die Diagnose schon im Kopf, nur noch nicht im Herzen.
Während er einschlief, habe ich mich bei Tom bedankt für die Zeit und ihm gesagt, daß es jetzt nicht mehr weit ist, daß er es gleich geschafft hat, daß er dann ankommt am Ende seiner Reise.
Ruhe in Frieden, mein Herz. Und danke nochmal. Es war schön mit Dir...
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smiri - 29. Mär, 16:27